Geschichte: 1854 bis 1901
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Geschichte: 1854 bis 1901
1854 - Wegbereiter des innovativen Mauerwerksbaus
Einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum industriell hergestellten Kalksandstein setzte der deutsche Arzt Dr. Anton Bernhardi.
Ihm gelang es 1854 im sächsischen Eilenburg, mit einer handbetriebenen hölzernen Hebelpresse den ersten luftgehärteten Kalkmörtel-Mauerstein herzustellen und daraus ein zweigeschossiges Gebäude aus Kalksandstein (KS) zu errichten.
Damit war der Herstellungsprozess zwar rationalisiert worden, doch die Endfestigkeit der Steine ließ noch immer zu wünschen übrig.
1880 - Entscheidender Durchbruch: die Dampfhärtung
Dem Baustoffchemiker Dr. Wilhelm Michaelis gelang 1880 der entscheidende Durchbruch.
Er hatte in Schweden ein englisches Verfahren kennen gelernt, bei dem ein chemisch behandeltes Gemisch aus Wasserglas und Sand unter niedrigem Dampfdruck innerhalb kurzer Zeit gehärtet wurde.
Michaelis modifizierte diese Technik, in dem er auf eine wasserarme, steife Mischung aus Sand und Kalk zurückging und diesem Mörtel dann gespannten Heißdampf zusetzte.
Das Experiment war erfolgreich und bildete die Basis aller nachfolgenden Kalksandstein-Härtetechniken.
1894 - Beginn der industriellen Produktion
Ende des 19. Jahrhunderts war die Herstellung der weißen Steine immer noch handwerklich geprägt, denn es fehlten noch die entsprechenden Maschinen für die industrielle Massenproduktion.
Aus diesem Grund befassten sich zahlreiche Firmen in England und Deutschland damit, wirkungsvolle mechanische Pressen und befahrbare Härtekessel zu entwickeln.
Die erste dieser enorm kapazitätssteigernden Pressen wurde 1894 von der Firma Amandus Kahl aus England eingeführt und im Werk des Maurermeisters Mechlenburg im schleswig-holsteinischen Neumünster aufgestellt.
Die Inbetriebnahme der Presse, die drei integrierte Arbeitsgänge – Füllen, Pressen und Ausstoßen – selbstständig erledigte, markiert nicht nur den Beginn der industriellen Produktion der Kalksandsteine. Sie ist gleichzeitig der Startpunkt eines Siegeszuges, in dessen Verlauf sich der neue Baustoff schnell in Deutschland und Europa ausbreitete.
In den Jahren 1898 und 1899 nahmen weitere Werke in Deutschland – und damit weltweit – ihre Arbeit auf.
1900 Gründung des "Vereins der Kalksandsteinfabriken"
Anfang des 20. Jahrhunderts bestand der neue Industriezweig bereits aus zehn Werken.
Doch die Qualität der Kalksandsteine schwankte. Es gab erhebliche Unterschiede in Farbe und Maßhaltigkeit und – was noch viel schlimmer war – erhebliche Differenzen in der Druckfestigkeit.
Um hier für Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit zu sorgen, fand am 10. Dezember 1900 im Architektenhaus in Berlin eine Versammlung „der am Kalksandstein interessierten Gruppen“ statt.
Das Treffen endete mit einem wegweisenden Entschluss: 32 Teilnehmer gründeten den Verein der Kalksandsteinfabriken.
Seine Ziele lauteten:
- Weitergehende Erforschung der Grundstoffe Sand und Kalk
- Konsequente Qualitätsverbesserung der daraus hergestellten Steine
- Vereinheitlichung und Optimierung der verschiedenen Produktionsmethoden
- Ergründung künftiger Anwendungsgebiete am Bau
1901 - Festschreibung der Druckfestigkeit
Ein wesentliches Qualitätskriterium war die Festschreibung der Druckfestigkeit der Steine. Aus diesem Grund beschlossen die Mitglieder auf ihrer ersten Hauptversammlung am 1. März 1901, dass nur noch solche Werke in den Verband aufgenommen werden durften, die ihre Kalksandsteine nachweislich mit einer vorgegebenen Mindestdruckfestigkeit produzierten.
Zwei Jahre später wurde festgelegt, dass sich „jedes ordentliche Mitglied verpflichtet, nur Kalksandsteine mit einer Mindestdruckfestigkeit von 140 kp/cm² herzustellen.“ Diese Festschreibung hatte weitreichende Konsequenzen, denn sie bildete den Anfang der Baustoff-Gütesicherung und der Baustoff-Normung in Deutschland und sie trug entscheidend zur Erfolgsgeschichte des Kalksandsteins bei.