WOHNUNGSBAU: Der neue Kanzler muss entschlossen anpacken
In den letzten Jahren ist die Zahl der in Deutschland neu gebauten Wohnungen spürbar gestiegen. Die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe in Deutschland nahmen von Januar bis September 2021 gegenüber dem Vorjahr um real +2,4 Prozent zu. Der Hochbau legte um real +6,1% zu, der Tiefbau nahm um -1,7 Prozent ab. Der Wohnungsbau erhöhte sich real um +6,1 Prozent. Allein im 3. Quartal 2021 nahm der Auftragsbestand des Bauhauptgewerbes gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 11,4 Prozent zu. Der Wohnungsbau erhöhte sich dabei um 18,6 Prozent, der Wirtschaftsbau legte um 9,9 Prozent zu. Im öffentlichen Bau lag der Auftragsbestand 9,7 Prozent über dem Vorjahresniveau. Gleichwohl liegt das erreichte Niveau immer noch weit unterhalb der Nachfrage - die Folge sind erhebliche Preissteigerungen bei Mieten und Kaufpreisen. Aufgrund der Zuwanderung und der Binnenwanderung in die Städte sowie der schwachen Bautätigkeit in der Vergangenheit besteht nach wie vor erheblicher Baubedarf. Jetzt kommt es auf unsere neue Regierung an, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum mit weiteren Anforderungen, etwa der energetischen Gebäudesanierung, pragmatisch auszugestalten.
Der Wohnungsmangel drückt sich bereits seit einigen Jahren in deutlich steigenden Mieten und Kaufpreisen aus, die das Wohnen zunehmend verteuern. Um den Bedarf zu decken, ist ein Neubau von etwa 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro Jahr erforderlich. Die Bundesregierung hat mit der von ihr angestoßenen Wohnungsbauoffensive wichtige Maßnahmen eingeleitet. Dies gilt etwa im Hinblick auf die stärkere Mobilisierung von Bauland und die Entschlackung des Baurechts. Angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum muss die Wohnungsbauoffensive durch die neue Regierung deutlich intensiviert werden.
Auch die energetische Sanierung im Gebäudesektor spielt bei der Umsetzung der Energiewende eine wichtige Rolle. Schließlich entfallen knapp 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland auf öffentliche und private Gebäude. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu realisieren, muss die Sanierungstätigkeit deutlich ausgeweitet werden. Die zum Jahresanfang 2020 für das selbstgenutzte Wohneigentum eingeführte steuerliche Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen war daher ein wichtiger Schritt. Um bei vermieteten Wohn- sowie Nichtwohngebäuden stärkere Sanierungsimpulse zu setzen, wäre der Abbau steuerlicher Sanierungshemmnisse auch in diesen Segmenten sinnvoll. Außerdem müssen besonders umfangreiche Maßnahmen wie z. B. die Außenwanddämmung deutlich besser gefördert werden.
Schafft das unsere neue Regierung? Unser neuer Bundeskanzler soll das Land modernisieren und Konflikte befrieden. Er soll den Klimaschutz vorantreiben, die Energiewende beschleunigen und dabei die Bürokratie zurückdrängen. Seine Regierung soll in die Zukunft investieren, dafür aber keine neuen Schuldenberge aufhäufen. Olaf Scholz weiß wahrscheinlich, welche gewaltigen Herausforderungen auf ihn zukommen. Die Regierung hat sich die Klima-, Energie- und Mobilitätswende, die digitale Transformation und mehr soziale Gerechtigkeit vorgenommen. Deutschland soll in einem Jahrzehnt der Transformation mit massiven Investitionen modernisiert und angesichts des Klimawandels von einer sozialen in eine "ökologisch-soziale" Marktwirtschaft umgebaut werden. Ist das alles so umsetzbar?
Dass die Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 gelingen muss, ist klar. Der Gesetzgeber muss jetzt alles tun, um Steine aus dem Weg zu räumen und unnötige Blockaden zu lösen. Die Industrie, die Energieunternehmen und die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen von der neuen Bundesregierung entschlossenes Handeln erwarten. Die Inhalte des nun vorliegenden Koalitionsvertrages sind eine gute Basis für die nun beginnende Regierungsarbeit. Unsere identifizierten Maßnahmen, um mehr Impulse für das Bezahlbare und klimafreundliche Wohnen zu schaffen, passen als Umsetzungsvorschläge gut in das Regierungsprogramm:
Wir fordern konkret folgende Maßnahmen von der neuen Bundesregierung:
- Stärkung des bezahlbaren Wohnungsbaus
- Verbesserung der Investitionsbedingungen im bezahlbaren Wohnungsbau
- Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums
- Ausweitung der Schaffung und Vergabe von günstigen Bauflächen bzw Baulandmobilisierung,
- Entschlackung des Baurechts sowie Förderung einer Umbaukultur im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht
- Weiterentwicklung der Sanierungsförderung
- Setzung wirksamer Impulse für energetische Sanierungen
Natürlich liest die Ampel-Koalition dem Handwerk und der Baubranche nicht jeden Wunsch von den Lippen ab. Fest steht aber auch, dass sich viele Vorhaben der neuen Bundesregierung nur mit Unterstützung der Bau- und Baustoffbranche sowie des Handwerks verwirklichen lassen. Sei es durch nachhaltiges und klimafreundliches Bauen, durch klimafreundliche Produktion, durch das Bereitstellen einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur oder auch durch die (Eigen-) Herstellung von ausreichend grüner Energie. Unsere Branche sichert ihre Unterstützung dabei ausdrücklich zu.
Fakt ist: Energiewende und Klimaschutz sind nur mit dem Handwerk und der Baubranche machbar.