Roadmap für die Transformation der Porenbetonindustrie zur Klimaneutralität
Der Bundesverband Porenbetonindustrie e.V. und der Verband Bauen in Weiß e.V. haben eine erste gemeinsame „Roadmap“ veröffentlicht. Sie zeigt auf, wie die Porenbetonindustrie in Deutschland klimaneutral werden und weiterhin einen ökologisch wie ökonomisch nachhaltigen Baustoff herstellen kann. Einen Baustoff, der während seiner gesamten Lebensdauer CO2 aus der Umgebung aufnimmt und dauerhaft bindet. Einen Baustoff, der aufgrund seiner wärmedämmenden Eigenschaften den Heizenergiebedarf verringern und damit den ökologischen „Fußabdruck“ des Gebäudesektors verkleinern kann.
Monolithisches Mauerwerk aus Porenbeton sei hoch wärmedämmend, betonte Heinz-Jakob Holland, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Porenbetonindustrie e.V., bei der Vorstellung der Roadmap. Deshalb spiele dieser mineralische Massivbaustoff aus Sicht vieler Planer und Architekten für den nachhaltigen Wohnungsbau eine wichtige Rolle. Der Baustoff könne aber noch mehr, ergänzte Torsten Schoch, Vorstand des Verbandes Bauen in Weiß e.V.: „Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass bindemittelgebundene Baustoffe wie Porenbeton während ihrer Produktlebensdauer durch den Prozess der sogenannten Recarbonatisierung CO2 absorbieren und dauerhaft binden.“ Selbst bei der Weiternutzung von Altporenbeton, z. B. aus dem Gebäudeabbruch, als Granulat würde das eingeschlossene CO2 nicht wieder freigesetzt. Angesichts dieser zweifach bedeutsamen Eigenschaften von Porenbeton für das Bauen und Wohnen der Zukunft, hofften die Hersteller und ihre Verbände auf eine umfassende Unterstützung der Politik bei der Umsetzung der für Klimaneutralität notwendigen Maßnahmen.
Zwischen Abhängigkeit und Eigenverantwortung
Für den in Deutschland hergestellten Porenbeton sind rund 78 Prozent der freigesetzten Treibhausgasemissionen auf die vor- und nachgelagerten Lieferketten der Porenbetonindustrie zurückzuführen. Der größte Teil hiervon entfällt auf die benötigten Bindemittel Kalk und Zement. Die von den Porenbetonwerken freigesetzten rund 22 Prozent Treibhausgasemissionen resultierten größtenteils aus der Erzeugung thermischer Energie und ihrem Stromverbrauch, erklärte Schoch. Solange vor allem fossile Energieträger eingesetzt werden müssten, um die für die Produktion benötigte Wärme zu erzeugen, sei es unmöglich, die CO2-Emissionen der Porenbetonindustrie auf Null zu reduzieren.
Die erforderlichen energiewirtschaftlichen Weichenstellungen, aber auch die Dekarbonisierung derjenigen Industrien, die Ausgangsstoffe für Porenbeton liefern, lägen außerhalb des Einflusses der Porenbetonhersteller, konstatierte Holland. Allerdings gäbe es Möglichkeiten zur Minderung von Treibhausgasemissionen durch effizienzsteigernde Maßnahmen in den Werken, die die Mitglieder der Verbände selbstverständlich nutzen wollten, auch wenn diese mit hohen Investitionen verbunden sind.
Kompakt und gut verständlich zeige die jetzt vorgelegte Roadmap, durch welche Maßnahmen die Porenbetonindustrie perspektivisch dazu beitragen könne, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird.
Umstellung auf klimaneutrale Energieträger
Zentral für die Emissionsminderung in den Porenbetonwerken sei tatsächlich die Umstellung auf klimaneutrale Energieträger, erklärte auch Petra Lieback, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Porenbetonindustrie e.V. Zwar würde z. B. Wärme durch eine moderne Anlagensteuerung und -architektur in vielen Werken bereits mehrfach genutzt, dennoch könne der Umfang der Treibhausgasemissionen maßgeblich nur gesenkt werden, wenn keine fossilen Energieträger mehr für die Herstellung und den Transport von Porenbeton eingesetzt werden müssten. „Effizienzverbesserungen und Investitionen in den Werken werden den Verbrauch fossiler Energieträger und somit die Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren mindern. Klimaneutralität aber ist nur durch den investitionsintensiven Neubau von Anlagen in den Werken möglich, die dann nur noch mit Grünstrom oder grünem Wasserstoff betrieben werden.“ Klar sei deshalb, dass zunächst ausreichende Mengen klimaneutraler Energieträger bereitgestellt werden müssten, damit die Transformation der Porenbetonindustrie nachhaltig gelingen kann.
Stoffkreisläufe schließen – Recycling stärken
Schon heute entsteht während des gesamten Produktionsprozesses der in den beiden Verbänden organisierten Unternehmen kein Porenbetonabfall. Nicht gehärtete Schnittreste und werksinterner Porenbetonbruch werden aufbereitet und in den Prozess zurückgeführt. Durch die zusätzliche Nutzung von sortenreinen Porenbetonresten, die in die Werke zurückgeholt werden, können nach Einschätzung von Experten bis zu 20 Prozent Primärrohstoffe eingespart und zudem Abfall reduziert werden. Möglich ist sowohl die Nutzung von Schnittresten, der bei Neubauten entsteht, als auch von sortenreinem Altporenbeton aus dem Gebäudeabbruch oder -rückbau.
„Angesichts der Treibhausgasemissionen, die auf das Konto der benötigten Ausgangsstoffe für Porenbeton gehen, ist es wichtig, sich der vermehrten Nutzung von bereits produziertem Porenbeton und seinem Recycling zuzuwenden“, betonte deshalb Schoch. Das Schließen der Stoffkreisläufe hätten sich die beiden Verbände für die nahe Zukunft vorgenommen.
Fördermittel für Forschung und Industrie
Die jetzt vorgelegte Roadmap der deutschen Porenbetonindustrie sei mit Blick auf die vielfältigen Aufgaben als ein erstes Kapitel in einem sehr bedeutsamen Buch zu verstehen, für das die Bauwirtschaft mit Politik und Wissenschaft weitere Kapitel schreiben müsse, so die gemeinsame Position der beiden Vorstände. Nicht zuletzt sei der Schulterschluss der Industrie mit der Politik wichtig für die Gesellschaft als Ganzes, da dekarbonisierte Baustoffe gebraucht würden, um den dringend benötigten, neuen Wohnraum möglichst klimaneutral zu bauen.
Die ortsgebundene Porenbetonindustrie brauche Planungssicherheit vor allem in der Frage, wann eine verlässliche Versorgung ihrer Werke mit bezahlbarer, klimaneutraler Energie sichergestellt ist. Zuschüsse für die Forschung zu innovativen Technologien und Verfahren ebenso wie eine steuerliche Förderung der hohen Investitionen bei der Umstellung der Produktionsanlagen auf klimaneutrale Energieträger seien existenziell für die Unternehmen.
„Nur wenn die Transformation der Werke sozial ausgewogen und wirtschaftlich erfolgreich gelingt, kann die Porenbetonindustrie ihren für nachhaltiges Bauen so wichtigen Baustoff auch weiterhin in den benötigten Mengen und zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stellen“, so Lieback. Gelänge die Dekarbonisierung der deutschen Energiewirtschaft sowie der vor- und nachgelagerten Wirtschaftspartner, könne die deutsche Porenbetonindustrie infolge des Recarbonatisierungseffektes ihres Baustoffs 2045 nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv sein.