News
Klima, Energie und Umwelt
27.02.2024

EU-Kommission legt Europäisches Klimaziel 2040 und Industrial Carbon  Management Strategie vor 

Um den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 zu ebnen, hat die EU-Kommission Anfang Februar 2024 ihre Empfehlung für das Emissionsreduktionsziel 2040 vorgelegt. Sie strebt an, die CO2-Emissionen in der EU bis 2040 um 90 % gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern.

Zur Erreichung dieses Ziels setzt die EU-Kommission auf einen breiten Mix von Maßnahmen. Ein Fokus wird dabei u.a. auf den europäischen Stromsektor gelegt – hierbei wird eine annähernd vollständige Dekarbonisierung bis 2035 angestrebt. Dafür sollen neben der Ausweitung etablierter erneuerbarer Technologien wie Wind und PV kleine modulare Reaktoren berücksichtigt werden. Die Bedeutung und zukünftige Stärkung von Direktstromlieferverträgen (PPAs = Power Purchase Agreements) sowie die Integration von europäischen, grenzüberschreitenden Stromsystemen wird ebenfalls hervorgehoben. So will die EU-Kommission sicherstellen, dass die Energiepreise im Rahmen der Dekarbonisierung sinken.

Zudem empfiehlt die EU-Kommission einen Deal für die industrielle Dekarbonisierung. Dabei soll sich laut Plan die EU-Industriepolitik verstärkt auf belastbare Wertschöpfungsketten, insbesondere für kritische Primär- und Sekundärrohstoffe, und einer erhöhten einheimischen Produktionskapazität in strategischen Sektoren konzentrieren, um die industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Grüne Leitmärkte sollen dabei unterstützen und auch für KMU sollen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Neben Emissionsreduktionen sind aber auch Technologien für die Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 (CCUS = Carbon Capture, Utilisation and Storage), der Transport abgeschiedener CO2-Mengen sowie die Generierung negativer Emissionen (Carbon Removals) in der Industrie erforderlich. In ihrer ebenfalls vorgelegten Industrial Carbon Management Strategie (ICMS) formuliert die EU-Kommission dafür die Rahmenbedingungen, Ziele und Handlungsfelder.

Um den Markt für die Abscheidung und dauerhafte Speicherung von CO2-Emissionen weiter zu fördern, will die Kommission Leitlinien für die Verfahren zur Genehmigung von Projekten und eine Übersicht potenzieller Speicherstätten erstellen. Dabei sollen Maßnahmen entwickelt werden, um CO2-Lieferanten mit Transportunternehmen und Speicheranlagenbetreibern sowie CO2-Abnehmer zusammenzubringen. Die Kommission hat das Ziel, für die Nutzung von abgeschiedenem CO2 als Ressource einen klaren Rahmen für die CO2-Bilanzierung zu schaffen, der die Klimavorteile einer Nutzung von CO2 als Ressource in industriellen Prozessen widerspiegelt.

Für den Transport bzw. grenzüberschreitende Infrastrukturen und die Speicherung von CO2 hat die EU-Kommission ein Regulierungspaket angekündigt. Der Transport abgeschiedener CO2-Mengen soll bis 2030 zunächst über Pipelines, Straßen- und Schienenwege sowie per Schiff erfolgen. Bis 2040 sollen erste regionale CO2-Wertschöpfungsketten wirtschaftlich und Pipelines das vorherrschende Transportmittel an Land sein. Zum Aufbau einer „CO2-Infrastruktur“ kündigt die EU-Kommission an, sich mit ihrem Regulierungspaket eng an den Transportbedarfen für Strom, Gas und Wasserstoff orientieren zu wollen. Zur Ermöglichung eines Abgleichs von Angebot und Nachfrage innerhalb der EU soll eine Plattform zu CO2-Transportbedarfen geschaffen werden.

Die notwendigen Investitionen der Industrie zur Erreichung von 50 Millionen Tonnen jährlicher CO2-Abscheidung ab 2030 schätzt die Kommission auf ca. 3 Mrd. Euro. Zur Förderung dieser Investitionen will die Kommission auf sogenannte Differenzverträge setzen (CCfD = Carbon Contracts for Difference), in Anlehnung an das Modell der deutschen Klimaschutzverträge. Bestehende Förderprogramme wie der EU-Innovationsfonds und „Horizon Europe“ sollen ausgeweitet werden. Schließlich regt die ICMS eine grenzüberschreitende und internationale Zusammenarbeit im Umgang mit CCS und CCU an. Es sollen Investitionsmöglichkeiten in Drittstaaten und ein harmonisiertes Monitoring von CCS- und CCU-Aktivitäten geschaffen werden.

Mit der Industrial Carbon Management Strategie unterstreicht die EU-Kommission, dass die Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 unabdingbar für die Erreichung der europäischen Klimaziele sind. Denn bei einigen Produktionsprozessen (z. B. von Kalk oder Zement) wird es technisch nicht möglich sein, trotz Ausbaus klimaneutraler Energieträger CO2 vollständig zu vermeiden.

Für die Kalksandsteinindustrie sind zukünftige CCUS-Dekarbonisierungsmaßnahmen seitens der Kalkindustrie von großer Relevanz. Denn der größte Anteil von rund 80 % der Treibhausgasemissionen, die der Kalksandsteinindustrie zugerechnet werden, entstehen durch den Produktionsprozess des Rohstoffs Branntkalk. Die restlichen 20 % Treibhausgasemissionen fallen hauptsächlich durch den Energieverbrauch (Brennstoffe, Strom) während des Herstellungsprozesses von Kalksandstein an.

Als Verband werden wir uns weiter dafür einsetzen, dass die nachgewiesene Recarbonatisierung von Kalksandstein in der Berechnung der CO2-Emissionen der Kalksandsteinindustrie Anerkennung findet. Denn auch negative Emissionen – also die CO2-Entnahme aus der Luft und dessen (dauerhafte) Speicherung – sollen laut ICMS als natürliche und technische Verfahren (Direct Air Capture and Carbon Storage = DACCS) europaweit berücksichtigt werden.